Das Harmonieprinzip in der Chinesischen
Kultur
Die Vorgaben - Dao und Dse
Der Energiestrom -
Chi
Die Elemente des Chi - Yin und Yang
"Das Rezept" zur Harmonie -
Feng Shue
Die stabile Harmonie des Universums, der gleichmäßige Lauf von Planeten und
Monden um die Sonne, die regelmäßige Abfolge der Jahreszeiten, das
synergetisch-harmonische Zusammenspiel aller herrschenden Kräfte des
Kosmos, dieses grundlegende Prinzip einer harmonischen Ordnung stellt in
der klassischen chinesische Kultur ein für den Menschen klar vorgegebenes
und anzustrebendes Vorbild dar: Frieden und Prosperität in der menschlichen
Gesellschaft, körperliche und seelische Gesundheit des Einzelnen kann nur
durch eine Organisations des Gemeinwesens und auch des Einzelnen für sich
selber erreicht werden, wenn nach solchen auf Harmonie und Ausgleich
ausgerichteten Prinzipien gehandelt wird.
Dieses allumfassende Konzept begründet zu haben wird einem legendären
Philosophen aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. zugeschrieben. Sein Name
chinesisch Lao Tzu (Alter Meister) oder je nach Umschrift auch Laotse oder
Lao-Tse. Es ist die Lehre vom rechten
Weg, chinesisch
"dàojiào". In lateinischer Umschrift Daoismus oder Taoismus
genannt.
Wie kam es dazu ?
Das 6 Jhdt. v. Chr. war einerseits zwar von Kriegen
zwischen den einzelnen Teilstaaten der späten Zhou Dynastie und ihrem
beginnenden Zerfall geprägt, stellte aber dennoch eine Blütezeit der
chinesischen Philosophie dar. Viele Gelehrte wie Laotse und etwas
später Konfuzius
machten sich Gedanken darüber wie Frieden, Stabilität und Harmonie
erreicht werden könne. Man spricht daher auch von der Zeit der Hundert
Philosophischen Schulen.
Der Daoismus ist eine der „Drei Lehren“, die China maßgeblich prägten und
wird als Chinas eigene und authentisch chinesische Religion angesehen. Die
zweite sind die etwa in der gleichen Zeit formulierten Lehren des Konfuzius,
die ebenfalls wie eine Religion betrachtet werden. Später - ab etwa 100
n.Chr. - gelangte dann der Buddhismus von Indien und Nepal aus als dritte Lehre
nach China.
Die Elemente des Daoismus
Der
allumfassende chinesische Begriff `das Dao`, läßt sich am ehesten mit `der
rechte Weg` übersetzen. Alles was sich nach ihm bewegt, führt zu dieser
inneren und äußeren Harmonie. Und ein weiser Mensch vermag diesen rechten
Weg auf Grund seiner großen Tugend und höheren Einsicht, chinesisch seines `Dse`,
zu erkennen und wird ihn versuchen zu befolgen. Hier setzt auch die
Vorstellung von einer idealen Organisation des Staates ein. Im Idealfall ist
der Herrscher nämlich selber ein Weiser. So glaubte man im traditionellen
China, der Kaiser sei ein Sohn des Himmels. Und dieser `Himmelssohn`
verkörpert quasi den Mittler zwischen Himmel und Erde. Er bringt den
Menschen die Harmonie des Universums auf die Erde und regiert damit das
alte, große China, das - wie man glaubte - Reich in der Mitte des
Universums. Die treue Gefolgschaft des chinesischen Volkes Mao Tse Dong
gegenüber auch durch chaotischste Zeiten, wie die der Kulturrevolution, und
die auch heute noch fast übermenschliche Verehrung für ihn läßt sich unter
diesem Aspekt des weisen Führers besser verstehen. Was aber sind die
Elemente des Dau ?
Zunächst `Das Chi`.
Es ist der Energiestrom oder Krafthauch, die Grundvorausetzung für alle
belebte und unbelebte Materie. Alles enthält Chi, auch Berge, Flüsse,
Menschen und Tiere. Das Chi ist nichts statisches, es fließt, hält alles in
Bewegung, läßt die Berge entstehen und die Flüsse fließen. Es durchströmt
unsere Umwelt, unsere Wohnung auch unseren Körper und es bewegt, treibt und
beeinflußt alles. Ist nun aber der harmonische Fluss des Chi gestört, d.h.
es fließt entweder zu schnell und wirkt dadurch schneidend (sogenanntes Cha
Chi) oder es ist in seinem Fluss irgendwo blockiert, so entstehen
Probleme. Für die chinesische Medizin ist der harmonische Chi-Fluss durch
unseren Körper auf seinen Energiebahnen, chinesisch
Jing Luo,
die
Grundvorraussetzung für körperliche und seelische Gesundheit des Menschen.
Auch das Feng Shui, die Lehre von der idealen Gestaltung unserer Wohn- und
Arbeitsumwelt, basiert auf dem Prinzip eines harmonisch fließenden Chi. Es
muß unseren Körper oder auch die Wohnung ungehindert durchstömen können, es
soll sich verteilen, alle Winkel möglichst gleichmäßig erreichen, darf aber
auch nicht zu schnell abfließen, da dies zu einem Kraftverlust führt.
Das Chi ist dualer Natur, es besteht aus dem
Gegensatzpaar Yin und Yang.
Das Yin
(betont langes i, also wie
ing) steht für den weiblichen Anteil des Chi, für das Bewahrende,
Beharrende, Dunkle, Passive. Yin ist der Winter, das Wasser, die Erde,
sanfte Farben wie braun, grün, blau, schwarz.
Das Yang steht für den männlichen Anteil im Chi, für das Aktive,
Verändernde, Helle. Yang ist die Sonne, die Berge, aktive Farben wie rot,
gelb, orange.
Selten gibt es reines Yin oder reines Yang. Fast alles enthält beide
Komponenten. Wo die eine Komponente ist, muß auch die andere sein. Sie
bedingen sich gegenseitig. Und die gleichmässige Balance zwischen Yin- und
Yang-Anteilen ist es, was die Harmonie des Inneren und Äußeren erzeugt, in
der menschlichen Gesellschaft, im lebendigen Körper und im Lebensumfeld.
Alle
Methoden der chinesichen Medizin, wie z.B.
Akupunktur
aber auch
Chi Gong
Gymnastik, zielen
auf die ausgeglichene Balance von Yin und Yang im menschlichen Körper hin.
Störungen des harmonisch fließenden Chi, zu schnell oder behindert, gar
blockiert , führen zu Krankheiten. Die Akupunkturnadeln sollen durch ihren
Reiz an bestimmten Knotenpunkten der Jing Luo-Energiemeridiane
das Chi aktivieren und Störungen seines Flusses beseitigen. Auch die
Körperbewegungen beim Chi Gong oder beim morgendlichen Schattenboxen Thai
Chi sollen die Yin und Yang Kräfte harmonisieren.
Das Feng-Shui
überträgt dieses Harmonieprinzip, den Ausgleich von Yin und Yang Elementen
auf unser Lebensumfeld, Wohnung und Arbeit. Eine nach den uralten, als
harmonsierend erkannten Grundsätzen des Feng Shui gestaltete Wohnung aber
auch des Arbeitsplatzes fördern unsere Kreativität und das
Leistungsvermögen. Und im Gegensatz dazu, eine falsch gestaltete Wohnung
kann uns krank machen, sie läßt nicht zu, dass wir uns wohl fühlen und für
das Leben draussen regenerieren können. Feng Shui ist ein Grenzfall. Für
unser westliches Verständniss geht es in den Aberglauben über, wo
Wasseradern im Boden oder die falsche Ausrichtung des Bettes für Krankheit
und Armut oder gar frühen Tod verantwortlich gemacht werden. Die
Grundprinzipien einer harmonischen Raum- und Farbgestaltung aber gehen mehr
und mehr auch in die westliche Innen- und Außenarchitektur über, die zu
lange die Überbetonung der nüchternen Funktion verfolgt haben und jetzt
einem stärker werdenden Bedürfniss nach Harmonie Rechnung tragen müssen, um
nicht völlig den Kontakt zu den Menschen zu verlieren.
Z.b. kann man einen Gartenweg schnurgerade von A nach B ziehen. Oder man
legt ihn in leicht geschwungenen Kurven an. Letzteres wird auch uns immer
schöner erscheinen. Feng Shui sagt dazu, der schnurgerade Weg erzeugt
schneidendes Cha Chi. Es fließt zu schnell ab, was uns schwächt, während der
lieblich geschwungene Weg einen unterstützenden, langsamen Chi-strom
ermöglicht. Oder nehmen wir eine Sitzecke mit einem hohen Ohrensessel vor
einem schönen Bücherregal. Dieses Arrangement wird auch uns mehr einladen,
als ein nach hinten offener, ungeschützter Sitzplatz. Das Feng Shui sagt ,
unser Rücken muss vom Panzer einer Schildkröte geschützt sein, sonst
erleiden wir wiederrum einen zu großen Abfluß an Chi. Das Feng Shui gießt
unsere Empfindungen einfach in andere Wörter und wendet ein uns
unvertrautes begriffliches System an. Letzlich werden aber auch wir uns
wohler fühlen, leistungsfähiger sein und uns besser regenerieren, wenn
unsere Umgebung harmonisch gestaltet ist und viele der Prinzipien des fast
3000 Jahre alten, auf Erfahrung beruhenden Feng Shui lassen sich dabei
sinnvoll einsetzen, sofern dies undogmatisch erfolgt.